Holger Maiworm, Willi Beltz und Andreas Look auf einem außergewöhlichen Lauf-Tripp in der Schweiz: Die berühmten 100 km von Biel! |
Einmal im Leben….(Ein Erfahrungsbericht über die 100 Km von Biel)
Es gibt unter den eingeweihten, ambitionierten LäuferInnen einen alten Spruch, der besagt: „Einmal im Leben musst Du nach Biel…“ – nun, da wir manche Sätze einfach nicht aus unserem Kopf bekommen ohne sie auch umzusetzen, entschieden wir uns gegen Ende des vergangenen Jahres dazu, auch einmal die 100 km durch die „Nacht der Nächte“ in Biel unter unsere Füße zu nehmen…wir, das waren Andreas Look aus Münchhausen, Willie Beltz aus Dexbach und Holger Maiworm aus Amönau.
Wenn man beabsichtigt, eine Strecke von 100 km laufend zu bewältigen, so muss man in der Vorbereitung v.a. lange Laufstrecken und insgesamt viele (Wochen-) Kilometer absolvieren, um den Körper (d.h. vor allem das Herz-Kreislaufsystem, das Energiesystem sowie die speziellen Laufmuskeln) angemessen zu trainieren. Also liefen wir über viele Wochen viele Kilometer – zumeist in dem jeweils von uns angestrebten Tempo – wobei wir auch darum bemüht waren, mit einander bzw. anderen Laufpartnern zu trainieren. So liefen wir z.B. an einem schönen Sonntagmorgen zu dritt von Winterberg nach Münchhausen und erlebten eine bis dato unbekannte und attraktive neue Strecke. Durchschnittlich liefen wir Lauffreunde während der letzten drei Monate unserer eigentlichen Vorbereitung zwischen 65 und 130 km in der Woche.
Glücklicherweise kamen wir ohne größere Verletzung durch unsere Trainingszeit und so konnten wir am 6. bzw. 7. Juni unser Chalet in den Bergen nördlich von Biel/Schweiz beziehen und dem Lauf entgegenfiebern…wir waren uns darüber bewusst, dass wir den wichtigsten Teil eines möglichen Erfolges geleistet hatten: eine gute und verantwortliche Trainingsvorbereitung….nun ging es noch um solche Aspekte wie Tagesform, aktuelles Wetter, Verpflegung während der 100 km, innere Aufregung bzw. Anspannung sowie die Länge der Strecke selbst ! Wir wussten unter anderem, das während der 100 km von Biel in den vergangenen Jahren durchschnittlich etwa 1/5 aller LäuferInnen ausgestiegen sind obwohl sie vermutlich alle sehr gut vorbereitet waren…
Am späten Abend des 8. Juni waren wir drei bzw.vier (Lisa Maiworm wollte ihren Papa von Km 56-63 sowie 77 bis 100 auf der Strecke begleiten) in der großen Sporthalle im Zentrum von Biel und trafen die letzten Vorbereitungen – der Wetterbericht prophezeite uns eine überwiegend trockene aber doch recht schwüle Nacht. Um 22.00 standen wir schließlich – zusammen mit etwa 1100 anderen LäuferInnen aus ganz Europa sowie aus Übersee und Fernost - vor dem Kongresszentrum hinter der Startlinie….jeder mit sich, seinen Hoffnungen, Erwartungen und Unsicherheiten beschäftigt….und dann ging es endlich los !
Wir haben uns etliche Stunden und auch Tage später oft über unsere „Nacht der Nächte“ in Biel unterhalten und erfuhren dabei, wie unterschiedlich sich ein solcher Wettkampf entwickeln kann:
Andreas, der von uns das intensivste und umfangreichste Vorbereitungstraining über beinahe 6 Monate absolviert hatte, musste bei km 56 aus dem Rennen aussteigen, denn schon ab etwa km 25 plagten ihn zunehmende Muskelschmerzen bzw. später –krämpfe und zwangen ihn schweren Herzens zur Aufgabe. All seine Bemühungen, wieder in einen physiologisch entspannteren Zustand zu kommen, blieben in dieser Nacht erfolglos.
Willie hingegen konnte nach einer Schwächephase gegen Ende des ersten Drittels sein Tempo wieder aufnehmen und sich im Laufe des Rennens von seiner Plazierung her schrittweise verbessern – längere Gehphasen gaben ihm die mentale wie auch physische Kraft die 100 km nach 14:38 Stunden zu finishen. Willie kam als 70. seiner Altersklasse M 55 und als 474. von allen männlichen Teilnehmern überaus zufrieden, froh und gesund ins Ziel in Biels Stadtmitte.
Holger konnte in dieser Nacht von Biel den größten sportlichen Erfolg seines 10-jährigen Läuferlebens feiern: obwohl er aufgrund von Magenbeschwerden von km 56 bis 63 gehen musste, konnte er im Anschluß hieran sein Grundtempo von etwas mehr als 6 Minuten/km wieder aufnehmen und bis ins Ziel aufrecht halten. Auch seine große, ihn zeitweilig begleitende und motivierende Tochter trug maßgeblich dazu bei, das er nach 10:55 die Ziellinie überglücklich und unversehrt überlief. Holger kam als 12. seiner Alterklasse (damit war er 7. Deutscher in der M 55) und als 140. von allen männlichen Teilnehmern ins Ziel.
Auf der großen Schleife östlich von Biel starteten in diesem Jahr knapp 1100 LäuferInnen, 147 Frauen und 673 Männer erreichten das Ziel, 213 LäuferInnen erreichten eine der möglichen drei Teilstrecken, die übrigen stiegen an anderer Stelle der Strecke aus.
Wir verbrachten die folgende Nacht – versorgt sowohl mit dem vielleicht größten Muskelkater unseres Lebens wie auch mit einer sehr guten Pizza vom Italiener aus Biels Altstadt - noch in unserem gemütlichen Häuschen bevor wir am Sonntag die Heimfahrt nach Nordhessen antraten. Wir waren erfüllt von einer Erfahrung, die man gewiß nur selten macht und von der Gewissheit, das Training sicher der wichtigste Faktor aber eben auch längst nicht alles ist, um eine sportliche Extremerfahrung erfolgreich und unversehrt zu beenden.
(H. Maiworm)
Ergebnisse und offizielle Fotos des Veranstalters